Siemens Forschungspreis für die Masterarbeit von Georg Prinz zum Thema:
Integration flexibler Körper in Mehrkörpersystemen
Für seine richtungsweisende Masterarbeit zur „Integration flexibler Körper in Mehrkörpersysteme“ erhielt Georg Prinz, der am Grazer VIRTUAL VEHICLE Research Center im Bereich Rail Systems forscht, den Siemens Railway Engineering Award.

Bild (v.l.n.r): Diemo Wojik (Siemens Mobility, Head of Engineering), Mike Rabanser (3. Platz), Georg Prinz (1. Platz), Julian Torggler (1. Platz), Stefan Erlach (Siemens Mobility, Head of Bogies), Horst Bischof (TU Graz, Vizerektor)
(Fotograf: Oliver Wolf)
Bei der Erstellung von Mehrkörpersimulationsmodellen (MKS-Modellen) in Entwicklungsprojekten ist es notwendig, vereinfachte flexible Körper in das Modell zu integrieren. Grundsätzlich besteht ein Mehrkörpersystem aus starren Komponenten, welche durch Koppelelemente miteinander verbunden sind. Für bestimmte Untersuchungen muss die Elastizität berücksichtigt werden, weshalb flexible Körper nach einem Reduktionsverfahren in das MKS-Modell integriert werden müssen. Für gewöhnlich wird dafür eine Finite Elemente Methode (FEM) verwendet, welche den Anwendern der MKS oftmals nicht zur Verfügung steht.
Mit der FEM-Methode wird das CAD-Modell in eine begrenzte Anzahl kleiner Elemente zerlegt. Das FEM-Modell besteht aus mehreren tausend Knoten und Freiheitsgraden, die MKS-Software kann jedoch nur mit einigen hundert Freiheitsgraden effizient umgehen. Aus diesem Grund ist es notwendig den flexiblen Körper vor der Integration in die Mehrkörpersimulation einem Reduktionsverfahren zu unterziehen. (Abb. 1)

Abb.1: Erforderliche Schritte zur Integration flexibler Körper
Ziel der Masterarbeit war die Erstellung einer Toolbox, die auf frei verwendbarer Software basiert, mit der flexible Körper für die MKS erstellt und aufbereitet werden können. Dies ermöglicht die Anwendung von MKS-Modellen auch ohne spezielle Kenntnisse der FEM und erlaubt MKS-Entwicklern, selbstständig flexible Komponenten zu erstellen und in die Simulation zu integrieren. Außerdem wurden in die Toolbox alternative Reduktionsmethoden (MOR-Methoden) implementiert, die in kommerzieller Software nicht vorhanden sind. Diese Reduktionsmethoden wurden miteinander verglichen und bewertet, um ihre Praxistauglichkeit zu ermitteln. Abschließend wurden Simulationen durchgeführt, um den Einfluss von flexiblen Komponenten auf die Fahrdynamik von Schienenfahrzeugen zu untersuchen.
In Abb. 2 ist der Prozess der Toolbox mit den unterschiedlichen Modulen dargestellt:

Abb. 2: Flussdiagramm der Toolbox
Zu Beginn wird ein 3D-Modell der flexiblen Komponente erstellt und als STEP-Datei abgespeichert. Diese Datei wird in PYTHON eingelesen und an den Vernetzer gesendet. Für die Generierung des Solver-Input-Files werden außerdem noch die Koordinaten der Hauptknoten, das sind die Knoten des reduzierten Modells, vorgegeben. Die Positionen dieser Knoten sollten so gewählt werden, dass sie mit den Markern des (evtl. bereits vorhandenen) MKS-Modells zusammenfallen und möglichst gleichmäßig über den Körper verteilt sind. Anhand des FE-Netzes und der Definition der Hauptknoten wird ein Solver-Input-File generiert und an den FE-Solver geschickt. Dieser führt eine Modalanalyse durch und speichert die Massen- und Steifigkeitsmatrix, die in weiterer Folge mit einer MOR-Methode reduziert werden. Zur Überprüfung der Qualität des reduzierten Systems können noch verschiedenen Validierungsmethoden angewandt werden. Im nächsten Schritt wird anhand der reduzierten Matrizen die Interface-Datei erstellt, die in der MKS-Software eingelesen werden kann, woraufhin die Komponente flexible Eigenschaften aufweist.
Durch die Verwendung von PYTHON als Programmiersprache kann die Toolbox in Zukunft einfach erweitert und spezifischen Aufgabenstellungen angepasst werden.
Die erstellte Toolbox kann in allen Bereichen, die flexible MKS benötigen, eingesetzt werden und ist somit nicht nur auf den Schienenfahrzeugbereich limitiert.